Nichtzahlung Fracht wegen irrtümlicher Annahme, der Anspruch sei erloschen, stellt kein qualifiziertes Verschulden dar

LG Krefeld, Urteil vom 03.07.2012 – 12 O 23/12

Qualifiziertes Verschulden im Sinne von § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB liegt nicht schon dann vor, wenn der Schuldner die Frachtforderung deshalb nicht bezahlt, weil er trotz des Aufrechnungsverbots in Ziff. 19 ADSp irrtümlich davon ausgeht, dass die Frachtforderung auf Grund einer von ihm erklärten Aufrechnung wegen eines Transportschadens erloschen ist.

Ein Rechtssatz des Inhalts, dass ein bewusster Verstoß gegen ein gültiges Aufrechnungsverbot ein qualifiziertes Verschulden im Sinne des § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB mit der Folge einer verlängerten Verjährungsfrist darstellt, existiert in dieser Allgemeinheit nicht.

Ein qualifiziertes Verschulden und damit eine die Verjährungsfrist des § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB auslösende vorsätzliche Nichtzahlung ist dem Schuldner erst dann vorzuwerfen, wenn er entgegen besserem Wissen die Existenz eines Anspruchs abstreitet oder wider besseres Wissen behauptet, dass der gegen ihn gerichtete Anspruch nicht in der geltend gemachten Höhe entstanden sei. Hiervon kann in der Regel nur ausgegangen werden, wenn es auf der Hand liegt, dass die vom Schuldner für die Leistungsverweigerung genannten Gründe nur vorgeschoben sind.

(Leitsätze des Gerichts)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.500,00 € abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Die Parteien arbeiten seit 18 Jahren im Speditionsgewerbe zusammen. Über ihre wechselseitig erbrachten Leistungen erteilten sich die Parteien jeweils Abrechnungen. Die Beklagte beauftragte die Klägerin jeweils unter Geltung der Allgemeinen deutschen Spediteur-Bedingungen (ADSp). Die Klägerin macht nunmehr gegen die Beklagte aus durchgeführten Transporten gegen die Kläger Ansprüche auf restlichen Transportlohn in Höhe von 6.014,00 € geltend. Dabei geht es um Transporte, die von der Klägerin zwischen dem 23. und 29. Oktober 2009 abgerechnet worden sind (vgl. dazu das Überweisungsprotokoll der Beklagten vom 29.01.2010, Anlage K 8 – dort Seite 2 am Ende, Bl. 65 d.A.; es geht insoweit um die dort aufgeführten letzten 9 Rechnungen im Gesamtbetrag von 6.843,57 €, von dem der jetzt noch nicht bezahlten Restbetrag von 6.014,00 € geklagt wird).

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Die Klägerin beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, an sie 6.014,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.03.2010 sowie weitere 507,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung (07.12.2011) zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie macht geltend, die Klage sei schon deshalb unschlüssig, weil die Klägerin im Einzelnen vortragen müsse, aus welchen Rechnungen sich der geltend gemachte Betrag in Höhe von 6.014,00 € zusammensetze, was in der Klageschrift nicht hinreichend geschehen sei. Im Übrigen sei die Klageforderung verjährt. Denn Frachtforderungen verjährten nach einem Jahr. Im Zeitpunkt der Einreichung der Klage bei Gericht im November 2011 sei die Klageforderung mithin schon lange verjährt gewesen. Im Übrigen sei es so, dass der Klägerin der jetzt geltend gemachte Betrag von 6.014,00 € deshalb nicht zustehe, weil bei einem weiteren Transport, den die Klägerin für die Beklagte im Juni/Juli von J/T zum Flughafen H D durchgeführt habe, einen Transportschaden in Höhe von insgesamt 9.021,00 € entstanden sei, für den die Klägerin ihr, der Beklagten, gegenüber, jedenfalls zu 2/3, mithin wegen des jetzt noch zwischen den Parteien streitigen Betrages von 6.014,00 € einstandspflichtig sei.


Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Denn die mit der Klage geltend gemachten, hinreichend dargelegten Transportlöhne sind verjährt und können deshalb gerichtlich nicht mehr durchgesetzt werden.

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Insoweit gilt folgendes:

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Auf die Rechtsverhältnisse der Parteien ist deutsches Recht anzuwenden, worauf sich die Klägerin ausdrücklich beruft (vgl. dazu Seite 2 des Schriftsatzes der Klägerin vom 03.04.2012, Bl. 71 d.,A.). Diese Auffassung ist zutreffend, denn die Beklagte hat der Klägerin sämtliche Transportaufträge unter ausdrücklicher Vereinbarung der Allgemeinen deutschen Spediteur-Bedingungen erteilt, wie sich aus den zu den Akten gelangten Vertragsunterlagen ergibt. Damit ist gemäß Ziffer 30.3 ADSp für die Rechtsbeziehungen des Spediteurs zum Auftraggeber, hier also der Klägerin zur Beklagten, die Geltung deutschen Rechts vereinbart. Damit greift vorliegend für die Klageforderung, die sich über Transportlohn verhält, die Verjährungsregelung des § 439 Abs. 1 HGB. Danach verjähren Ansprüche aus einem Frachtvertrag in einem Jahr. Angesichts dessen, dass sämtliche hier noch im Streit stehenden Rechnungen aus Oktober 2009 datieren, ist festzustellen, dass die Einreichung der Klage vom 21. November 2011 die Verjährung bereits seit langem abgelaufen war.

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Unterbrechungs- oder Hemmungstatbestände sind von der Klägerin nicht hinreichend vorgetragen. Soweit sie unter 1. des Schriftsatzes vom 03. April 2012, dort auf Seite 2, Blatt 71 der Akten, vorträgt, die Verjährung sei bereits zum 10.02.2010 unterbrochen worden, weil zu diesem Zeitpunkt die Beklagte eine Teilzahlung in Höhe von 3.007,00 € erbracht habe, gibt dies zu einer anderen Beurteilung keine Veranlassung. Abgesehen davon, dass es insoweit nicht um eine Zahlung von 3.007,00 €, sondern um eine der Klägerin von der Beklagten der Klägerin erteilten Gutschrift über 3.007,00 € geht, lag in dieser Gutschrift schon deshalb kein Anerkenntnis einer weitergehenden noch offenen Transportlohnforderung der Klägerin durch die Beklagte, weil es bei diesen Gutschriftbetrag um den 1/3-Anteil geht, den die Beklagte aus dem streitgegenständlichen Transportschaden in einer Gesamthöhe von 9.021,00 € selbst übernehmen wollte, was der Klägerin im Zeitpunkt der Gutschrifterteilung bekannt war. (vgl. dazu Seite 4 oben der Klageschrift, Bl. 4 d.A., sowie die E-Mail der Beklagten vom 17.03.2010, Anlage K 9 d, Bl. 89 e d.A.).

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Ebenso wenig kann sich die Klägerin im Hinblick auf die Klageforderung auf die Ausnahmeregelung in § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB berufen, wonach bei Vorsatz oder bei einem dem Vorsatz nach § 435 HGB gleichstehenden Verschulden die Verjährungsfrist 3 Jahre beträgt. Denn die Voraussetzungen, unter denen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. dazu das Urteil vom 22.04.2010 – 1 ZR 31/08 – zit. nach beck-online, Beck RS 2010, 12493) bei Primärleistungsansprüchen aus Frachtverträgen die verlängerte Verjährungsfrist des § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB anzuwenden ist, liegen hier nicht vor.

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Klarstellend ist insoweit zunächst darauf hinzuweisen, dass der Bundesgerichtshof entgegen den Ausführungen auf Seite 2 unten des Schriftsatzes der Klägerin vom 03. April 2012 (Bl. 70 d.A.) in dieser Entscheidung gerade nicht entschieden hat, dass ein bewusster Verstoß gegen ein gültiges Aufrechnungsverbot qualifiziertes Verschulden i.S. des § 439 Abs. 1 Satz 2 mit der Folge darstelle, dass die Verjährungsfrist 3 Jahre beträgt. Dazu findet sich in dieser Entscheidung kein Wort.

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Der Bundesgerichtshof hat vielmehr zur Frage, wann die Ausnahmevorschrift des § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB greift, darauf hingewiesen, dass Überlegungen, dass jede Nichterfüllung eines vertraglichen Vergütungs- oder Aufwendungsersatzanspruches vorsätzlich geschehe, deshalb nicht überzeuge, weil diese Sichtweise nicht genügend berücksichtige, dass im Zivilrecht – anders als im Strafrecht – ein Rechtsirrtum entsprechend den jeweils maßgeblichen Verschuldensformen entlastend wirke.

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Wörtlich führt der Bundesgerichtshof aus (a.a.O. Rn 33):

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„Der Vorsatz entfällt, wenn der Schuldner – aus welchen Gründen auch immer – der Ansicht ist, nicht zu schulden, bereits aufgerechnet zu haben oder ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen zu können. Eine die Verjährungsfrist des § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB auslösende vorsätzliche Nichtzahlung ist dem Schuldner erst dann vorzuwerfen, wenn er entgegen besserem Wissen die Existenz eines Anspruchs abstreitet oder wider besseres Wissen behauptet, dass der gegen ihn gerichtete Anspruch nicht in der geltend gemachten Höhe entstanden sei. Liegt es auf der Hand, dass die vom Schuldner für die Leistungsverweigerung genannten Gründe nur vorgeschoben sind, gibt es keinen vernünftigen Grund, ihm die Rechtswohltat der besonders kurzen Verjährung des § 439 Abs. 1 Satz 1 HGB zu Gute kommen zu lassen.“

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Weiter heißt es in dieser Entscheidung (a.a.O. Rn 34):

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„Dementsprechend kommt § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB zur Anwendung, wenn der Schuldner seine ihm dem Gläubiger gegenüber obliegenden Pflichten vorsätzlich oder zumindest leichtfertig und rechtswidrig nicht erfüllt.“

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Die vorstehenden Ausführungen des Bundesgerichtshofs zeigen, dass im Bereich der Primärleistungsansprüche nur dann von einem vorsätzlichen Handeln i.S. von § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB ausgegangen werden kann, denn die Gründe, auf die die Leistungsverweigerung gestützt wird, gleichsam an den Haaren herbeigezogen sind. Dem Schuldner muss bewusst sein, dass die von ihm genannten Gründe nur vorgeschoben sind und sich die Zahlungsverweigerung letztlich als willkürlich darstellt. Nichts Anderes ergibt sich auch aus der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Fallgestaltung, wo der Schuldner eine auch für ihn erkennbar wirkungslose fristlose Kündigung ausgesprochen hat und in der Folge seine Leistung – wie von Beginn an geplant – in Kenntnis seines rechtswidrigen Tuns verweigerte, wodurch bei dem Vertragspartner ein Schaden entstanden ist, der Gegenstand des von dem Bundesgerichtshof entschiedenen Verfahrens war.

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Ein derartiges willkürliches, pflichtwidriges, an den Haaren herbeigezogenes Verhalten im Rahmen der von der Beklagten in die gegenseitige Abrechnung der Parteien eingestellten Transportschadensforderung lässt sich vorliegend nicht feststellen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Beklagte seinerzeit und auch heute noch die Auffassung vertritt, dass die Klägerin ihr jedenfalls in Höhe von 2/3 für den streitgegenständlichen Transportschaden erstattungspflichtig sei. Dass dies ein willkürlicher Standpunkt ist, lässt sich nicht feststellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte als Auftraggeber eigene Wahrnehmungen in Bezug auf den streitgegenständlichen Transportschaden nicht treffen konnte. Soweit bereits bei der Anlieferung der Güter bei der Klägerin in J/T Schäden vorhanden waren, hat die Beklagte insoweit unwiderlegt geltend gemacht, dass diese Schäden bei weitem nicht das Ausmaß gehabt hätten, das bei Ablieferung des Transportgutes am Flughafen in H D festzustellen gewesen sei. Wenn aber die Frage, in welchem Umfang die Transportschäden einem früheren Frachtführer oder aber der Klägerin anzulasten sind, aufklärungsbedürftig ist, dann ist die Beurteilung der Beklagten, dass möglicherweise auch die Klägerin für diese Schäden hafte, nicht von vornherein von der Hand zu weisen und damit nicht als willkürlich zu qualifizieren. Dies wäre jedoch Voraussetzung, um eine hieraus resultierende Zahlungsverweigerung als vorsätzliche Pflichtverletzung i.S. von § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB zu qualifizieren.

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Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Beklagte zunächst versucht hat, den Transportschaden bei dem der Klägerin vorhergehenden Frachtführer geltend zu machen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen einer Transportkette, bei der ein Schaden entstanden ist, Ansprüche durchaus mehreren in dieser Kette eingebundenen Beteiligten gegenüber geltend gemacht werden können. Allein der Umstand, dass die Beklagte sich zunächst an einen anderen Frachtführer im Rahmen des streitgegenständlichen Transportes, der in Deutschland seinen Ausgangspunkt hatte, gewandt hat, bedeutet nicht, dass hierin ein Verzicht auf etwaige Ansprüche gegenüber der Klägerin zu sehen ist, die das letzte Glied in dieser Transportkette war.

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Im Übrigen hat die Beklagte insoweit im Verhältnis zur Klägerin 1/3 des behaupteten Schadensbetrags im Hinblick auf Vorschäden des Transportgutes nicht geltend gemacht. Dies verdeutlicht, dass die Beklagte Einwendungen der Klägerin im Hinblick auf die Schadensverursachung nicht einfach vom Tisch wischt, sondern in ihre Überlegungen einbezieht, was gegen ein willkürliches Handeln im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs spricht.

22

Dass im Übrigen die Beklagte wegen dieses Transportschadens in der genannten Höhe von dem Hauptauftraggeber in Anspruch genommen worden ist, steht aufgrund der zu den Akten gelangten Unterlagen zur Überzeugung der Kammer fest. Von daher kann bei der Entscheidung auch nicht davon ausgegangen werden, dass es überhaupt nicht zu einen Transportschaden gekommen ist, wie sich ja auch schon daraus ergibt, dass die Klägerin selbst behauptet, das Transportgut sei schon beschädigt gewesen, als es hier in T zum Weitertransport nach H D übergeben worden sei.

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Ebenso wenig lässt sich ein vorsätzliches Verhalten i.S. von § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB daraus ableiten, dass unter der Geltung der Allgemeinen deutschen Spediteur-Bedingungen eine Aufrechnung oder Zurückbehaltung nur mit fälligen Gegenansprüchen zulässig ist, wenn ein Einwand nicht entgegensteht, Ziffer 19 ADSp. Zunächst ist festzustellen, dass Aufrechnungen im Geltungsbereich der ADSp mithin nicht generell untersagt sind. Zudem gilt, dass eine entgegen diesem Verbot vorgenommene Auf- oder Verrechnung schon im Ansatz nicht mit den Fallgruppen gleichzusetzen ist, bei denen nach der vorerwähnten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22.04.2010 von einem vorsätzlichen oder leichtfertigen Handeln i.S. von § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB auszugehen ist. Denn mit einem derartigen Verhalten wird weder wider besseren Wissens die Existenz des Anspruchs abgestritten noch wider besseren Wissens behauptet, dass der Anspruch nicht in der geltend gemachten Höhe entstanden sei. In der Sache geht es vielmehr lediglich um die Frage, wie ein vom Schuldner geltend gemachter Gegenanspruch durchzusetzen ist, im Wege der Verrechnung oder aber – richtigerweise – durch aktive eigene Geltendmachung bis hin zur gerichtlichen Durchsetzung. Damit wird letztlich nicht der klägerische Anspruch geleugnet und willkürlich in Abrede gestellt. Der Schuldner wählt vielmehr zur Durchsetzung seines eigenen Anspruchs einen ihm im Bereich der Allgemeinen deutschen Spediteur-Bedingungen nur eingeschränkt zur Verfügung stehenden Weg. Zu kritisieren ist damit in erster Linie die Art und Weise der Durchsetzung des Gegenanspruchs. Dies ist aber etwas grundlegend Anderes als das Vorschieben erkennbar nicht berechtigter, als willkürlich zu beurteilender Gründe für die Nichtleistung.

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In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass – wie schon die Klägerin selbst auf Seite 2 der Klageschrift (Bl. 2 d.A.) vorgetragen hat – es zwischen den Parteien üblich gewesen ist, gegenseitige Forderungen in ein Abrechnungsverhältnis einzustellen. Hierzu passt, dass die Parteien auch im Hinblick auf die streitgegenständliche Transportschadenforderung wechselseitig Belastungen und Gutschriften erteilten, wobei die Klägerin insoweit wegen des ursprünglichen Schadensbetrages von 9.021,00 €, mit der sie die Beklagte im Rahmen des Abrechnungsverhältnisses belastet hatte, ihrerseits eine Gutschrift erstellt hat, wie aus der E-Mail der Klägerin vom 10.02.2010 (Anlage K 9 a, Bl. 39 c d.A.) ergibt. Dies zeigt, dass sich die Parteien im Rahmen ihrer vertraglichen trotz des Aufrechnungsverbots ADSp in einem wechselseitigen Abrechnungsverhältnis bewegt haben, wodurch in diesem Umfange das Aufrechnungsverbot in Ziff. 19 ADSp verdrängt wird (vgl. dazu Koller, TransportR, 7. Aufl., Ziff. 19 ADSp Rn 2 a.E.).

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Auch wenn im konkreten Fall die Klägerin der Belastung im Rahmen des gegenseitigen Abrechnungsverhältnisses im Hinblick auf den streitgegenständlichen Transportschaden widersprochen hat, rechtfertigt dies nicht eine Bewertung dahingehend, dass hierdurch die Beklagte die Forderung der Klägerin aus Transportvertrag in einer Art und Weise in Abrede gestellt hat, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als vorsätzlich und leichtfertig i.S. von § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB zu qualifizieren wäre. Es geht lediglich um einen Streit wegen der Abrechnungs- und Verrechnungsmodalitäten, weil eine Partei eine ihr insoweit erteilte Belastung nicht hinnehmen will. Dieser sachliche Streit ist jedoch im ordentlichen Verfahren – hier beispielsweise eine rechtzeitige Klage der Klägerin auf Zahlung ihres Transportlohnes – zu klären. Allein der Umstand, dass die Klägerin mit der klageweise Geltendmachung ihrer Forderung fast 3 Jahre gewartet hat, ist kein hinreichender Anlass, gleichsam in der Rückschau von der verlängerten Verjährungsfrist des § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB auszugehen.

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Festzuhalten ist damit, dass auch und gerade unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im vorliegenden Fall lediglich von der regulären Verjährungsfrist des § 439 Abs. 1 Satz 1 HGB auszugehen ist. Die Klage ist mithin insgesamt abzuweisen, weil die klägerischen Ansprüche im Zeitpunkt der Einreichung der Klage verjährt gewesen sind.

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Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Streitwert: bis 7.000,00 €

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